In meinem Foto-Rucksack ist seit einiger Zeit nicht nur die Kamera, ein bis drei Objektive und allerlei Zeug, das ich über den Tag verteilt so brauche, sondern auch ein kompaktes Reise-Stativ: Man weiß ja nie, wann man eines braucht. Ich habe darauf Wert gelegt, dass es in den Rucksack passt, und nicht nur außen hängt, wo es im Weg ist, wenn man mit dem Rad unterwegs ist, oder durchs Unterholz kriecht (was als passionierter Landschaftsfotograf schon einmal vorkommen kann). Oder man einfach nur problemlos U-Bahn fahren möchte, ohne angepöbelt zu werden, weil man schon wieder jemandem das Stativ zwischen die Rippen drückt.
Ich bin Ende Mai am Rad unterwegs, vom Mailüfterl nach Hause, und hatte eine meiner drei (oder doch vier) Umhängetaschen mitgenommen; die Kamera mit einem Objektiv, sonst nichts, man schränkt sich ja ab und zu bewusst ein, um nicht immer zu viel Ausrüstung mitzuschleppen, alles nur wegen der kreativen Anregung.
Der Radweg führt, von Stein an der Donau kommend, direkt neben der B33 an der Donau entlang, in die Wachau hinein, an der Hundsheimer Insel vorüber, vis-à-vis steht die Unterloibener Kirche, sanft beleuchtet. Dahinter landet gerade die Dürnsteiner Ruine am Felsenkamm, die Landebahn glitzert wie eine weihnachtliche Lichterkette. Ab und zu öffnen sich die Bäume zum Ufer hin und geben den Blick frei auf die Donau, die das letzte Dämmerlicht spiegelt. Eine fortgeschrittene Blue Hour, die dunklen Töne überwiegen. Ich kann nicht anders, steige vom Rad, und gehe über die Uferböschung zur Donau hinunter, einige Felsen lassen sich vom Wasser umspülen, ein Baum ist vom letzten Hochwasser liegen geblieben.
Ich nehme die Kamera aus der Tasche, entferne den Objektivdeckel, wähle automatisch die Offenblende, f/1.4, wozu hat man das sonst, und setze den Fokuspunkt auf die Kirche gegenüber. Die Belichtungszeit ist akzeptabel, um aus der Hand zu fotografieren, friert aber jede Bewegung ein. Ich stelle auf Serienaufnahme, atme tief ein, beginne auszuatmen und drücke den Auslöser, 10 mal klack, 20 mal klack. Der Spiegel rattert vor sich hin, bis mir die Luft ausgeht. Wenn es nicht möglich ist, das Fließen der Donau in einem Bild festzuhalten, muss ich es halt in vielen tun. Hätte ich nur den Rucksack und das Stativ dabei, denke ich mir.
5 Minuten, dann fahre ich weiter nach Hause, stecke die Speicherkarte in den Computer und überspiele die Bilder. Auch wenn die einzelnen Bilder nicht alle deckungsgleich sind, ist eine Bearbeitung gut möglich. Ein Bild in Adobe Lightroom arbeite ich nach meinen Vorstellungen aus, und synchronisiere die Einstellungen mit allen anderen Bildern. Ich öffne alle Bilder als Ebenen in Adobe Photoshop, und wähle Edit > Auto-Align Layers: wie mit Zauberhand sind alle Ebenen deckungsgleich, fast, zumindest. Nahe genug. Im Anschluss kopiere ich eine beliebige Ebene und erstelle aus allen anderen ein Smart Object, und lasse den Mittelwert dieser Ebenen berechnen. Damit schaut das Wasser in etwa so aus, als würde es fließen, so gut es halt ohne Stativ möglich ist. Da die Bilder eben nur fast deckungsgleich ist, korrigiere ich die Fehler mit meiner kopierten Ebene und einer Ebenenmaske, und ersetze das zusammengefügte Bild überall dort mit einem einzelnen, wo es notwendig scheint.
Das Ergebnis ist leider nicht knackig scharf, das lässt die Offenblende nicht zu, aber ich bin zufrieden, wenigstens ein Bild zu haben.
Das nächste Mal nehme ich aber wieder den Rucksack.
Ein Vergleich zwischen einem der unbearbeiteten Ausgangsbilder, und dem Endergebnis: