Ich komme in der Früh zu Franz Zotlöterer nach Ober-Grafendorf im Pielachtal, dem Chef-Entwickler und Kopf hinter Zotlöterer – Smart Energy Systems. Er öffnet mir die Tür und begleitet mich auf seine Terrasse, auf dem Tisch stehen Wasser und Säfte aus der Dirndl-Region. Der selbst gebaute Schwimmteich grenzt direkt an die Terrasse, ich sehe einen Molch schwimmen und Bitterlinge, wie er mir erklärt, an der Grundstücksgrenze hinter den Obstbäumen dreht sich ein Windrad. Das Plätschern des Wassers übertönt das Drehgeräusch der gemütlich drehenden Windkraftanlage, zumindest für mich.
„Wollen wir zuerst das Kraftwerk anschauen und dann reden?“, fragt Franz Zotlöterer, nachdem er noch rasch ein E-Mail fertig geschrieben hat.
Wir fahren fünf Minuten durch den Ort und gehen zum Wasserkraftwerk am Mühlbach in Ober-Grafendorf, ganz genau: zur Gravitationswasserwirbelkraftanlage, kurz GWVPP (Gravitation Water Vortex Power Plant). Was mir auffällt, ist das konstante Rauschen, zusammengesetzt aus Wasser und Technik, und dass nicht viel da ist, in dem kleinen, umzäunten Gelände. Das kreisrunde Becken, in dessen Wasserwirbel die Turbine versenkt ist und sich konstant dreht, darüber das Getriebe und der Generator, Kabel, ein Schaltkasten und etwas Beton: von außen fast unsichtbar hat es im bisher besten Jahr knapp 65.000 kWh Strom produziert. „Heuer wird es sicherlich mehr.“, versichert mir Franz Zotlöterer.
Technisch ist nicht viel zu erklären: In das Rotationsbecken mit zirka 6m Durchmesser strömt rechts das Wasser ein und läuft am Grund in der Mitte durch einen permanenten Wasserwirbel wieder ab. Die Fallhöhe beträgt etwa 1,5m. Im Wasserwirbel arbeitet eine eigens optimierte Turbine aus Nirosta-Stahl, auf der ein Getriebe sitzt und darauf eine Turbine. Um Verunreinigungen von der Anlage fern zu halten, fließt das Wasser durch einen Grobrechen, der regelmäßig gereinigt werden muss, vor allem im Frühjahr und Herbst, wenn der Mühlbach das meiste Schwemmgut führt. Die Schaltkasten erfüllt alle vom Netzbetreiber definierten Vorgaben; ein Fakt, das die Komplexität deutlich erhöht, wie der Erfinder betont, aber kein Hindernis darstellt.
Wieder zurück, genießen wir die Sonne und den erfrischenden Saft, und reden.
Martin Skopal: Man hört die Windkraftanlage überhaupt nicht, nur das Plätschern.
Franz Zotlöterer: Das stammt von einer kleinen Umwälzanlage im Teich, die etwa 0,3l pro Minute leistet. Das Wasser rinnt in einen Oberflächenskimmer, die Leistung der Pumpe beträgt 20 Watt. Die Photovoltaik-Anlage am Dach produziert wesentlich mehr. Das Wasser fließt hinten in ein kleines Wirbelbecken: Das ist übrigens das Erste, das ich gebaut habe. Von dem Wirbelbecken habe ich die Idee gehabt, ein Kraftwerk daraus zu machen. Es hat keine Turbine, dafür ist es zu klein, aber die ersten Modelle haben wir im Maßstab 1:20 hineingehängt.
Das Wirbelbecken besteht einfach aus einem größeren Kübel, das Wasser wird tangenzial eingeleitet über einen 45°-Bogen von einem normalen Abflussrohr, wie man es von der Küchenarmatur kennt, in der Mitte rinnt es wieder hinaus. Die Fallhöhe beträgt etwa 25cm. Das Wirbelbecken dient der Wasserbelüftung: jedes Wassermolekül kommt im Wirbel an die Oberfläche, und nimmt Sauerstoff mit. Das so angereicherte Wasser fließt in den Teil des Teichs, wo die Wasserpflanzen besonders groß sind. Die Pflanzen haben wir selbst gesammelt, hauptsächlich aus der Pielach, damit sie möglichst aus der Region sind. Die Seerosen, die wir gefunden haben, hat vermutlich irgendwer zuvor ausgewildert.
Das Wirbelbecken bringt für den Teich extrem viel, was die Wasserbelüftung anbelangt. Das zweite, womit ich im Teich arbeite, sind Milchsäurebakterien, um das Wasser zu reinigen. Die Kombination ist ideal, da die Arbeit mit den Bakterien ein gut mit Sauerstoff durchsetztes Wasser voraussetzt. Ich nutze dafür ein Bioprodukt der Firma Kanne, da diese die Bakterien am effizientesten herstellt und die Bakterien am längsten stabil bleiben. Es gibt mit den Effektiven Mikroorganismen für den Teich ein ähnliches Produkt. Die Anwendung ist denkbar einfach und effektiv: ich gebe einen Kanister der Bakterien hinzu, nach spätestens zwei bis drei Wochen ist der Teich wieder klar. Interessant ist auch ein Nebeneffekt: wenn man aus dem Teich Erde entnimmt, stinkt diese normalerweise; arbeitet man mit den Bakterien, ist das nicht mehr der Fall, da sie auch hier den biologischen Abbauprozess unterstützen.
Man kann der Natur nichts vormachen, man kann nur darauf vertrauen, was uns die Natur selbst zur Verfügung stellt und weitergibt. Genauso sehe ich das mit der alternativen Energie: Wenn sie rausschauen, das Windrad dreht sich und die Sonne scheint auf die Photovoltaik-Anlage, dann freue ich mich, dass uns der Herrgott Energie schickt, für die man gar nichts machen muss.
Martin Skopal: Die Idee für Ihr Kraftwerk stammt aus dem Kübel, um es salopp zu formulieren. Wie ist daraus die Gravitationswasserwirbelkraftanlage entstanden?
Franz Zotlöterer: Es ist etwas ganz einfaches, dafür habe ich einen komplizierten Namen gefunden. Nachdem ich Physik, Mathematik und Elektrotechnik unterrichte, wollte ich es möglichst so benennen, wie sich das Gerät darstellt.
Bei meinen Vorträgen fange ich so an: ich bin aufgewachsen am anderen Ende von Ober-Grafendorf, mein Vater hat mit Holz geheizt und der daneben mit Holzschwellen und der nächste mit Kohle. Wenn du in den Garten hinausgegangen bist, speziell im Winter, hast du entweder den Kohle-, den Holz- oder sonst was für einen Geruch in der Nase gehabt. Das wollte ich nicht. Deswegen habe ich überlegt: Was kann man selbst umsetzen? Ich wollte immer eine Lösung haben, die man selbst umsetzen kann, wo für den Bau eine größere Garage ausreichend ist. Ich nutze vornehmlich heimische Rohstoffe, Holz, wo es möglich ist.
Wasser-, wie auch Windkraft nutzt relativ niedrige Drehzahlen und für nahezu alle Fallhöhen gibt es hervorragende Lösungen: es gibt die Pelton-Turbine für Wasserkraftwerke mit Fallhöhen von ein paar tausend Meter, die Francis-Turbine für mittlere Fallhöhen, es gibt die Kaplan-Turbine für niedrige Fallhöhen bis 50m, wie man sie an der Donau sieht, mit großen Durchflussmengen, dann gibt es die Archimedische Spirale für Fallhöhen bis zu 2m hinunter. Nur unter 2m tut sich relativ wenig. Es gibt das unterschlächtige Wasserrad, das hat aber bei einer Leistung von 10kW 7m oder 8m im Durchmesser. Das ist bedeutend größer als die von mir entwickelte Turbine. Die, die wir gerade gesehen haben, hat 1,2m Durchmesser bei der gleichen Leistung. Das heißt für mich aber auch, dass ich gerade im Aufbau eine enorme Kostenersparnis habe, da nicht 80% der Schaufeln ständig in der Luft sind, da man ja nur den unteren Teil der Schaufeln nutzt, eben die, die im Wasser sind. Dazu kommt beim Wasserrad die extrem langsame Drehzahl, die ein teures und kompliziertes Getriebe benötigt, um auf die notwendige Übersetzung zu kommen.
Im Wirbelkraftwerk haben wir langsame Drehzahlen in der Turbine. Eine Francis-Turbine, eine Kaplan-Turbine dreht fast um den Faktor 10 höher, und ein Wasserrad ist um den Faktor 10 niedriger. Damit bleibt es fischfreundlich und ist ein guter Kompromiss, um damit Strom zu erzeugen. Das Getriebe ist sinnvoll dimensioniert.
In Betrieb gegangen ist die bestehende Anlage 2006. 2002 haben wir die erste Pilotanlage gebaut, 2004 das Jetzige geplant. Das schwierigste in der Planungsphase der Anlage war aber weniger die Technik, als die Administration und Koordination mit der wasserrechtlichen Genehmigung und dem Patentamt, um alle Fristen korrekt einzuhalten. Da rennt einem die Zeit davon, besonders beim PCT-Anmeldeverfahren, der internationalen patentrechtlichen Anmeldung. Ohne der hätte das Projekt aber keine Chance auf Erfolg gehabt. Wir hatten das Glück, dass die Anlage in Ober-Grafendorf rasch genehmigt wurde und nun seit 10 Jahren brav dahinläuft, mit den üblichen wetterabhängigen Schwankungen.
Martin Skopal: Der Kostenaufwand für die Errichtung betrug etwa 60.000€, wie sie bei unserer Besichtigung gesagt haben, die höchste Jahresproduktion lag 2013 bei rund 65.000 kWh. Wird heuer ein neuer Rekord aufgestellt?
Franz Zotlöterer: Heuer ist ein Rekordwasserjahr. In dem Moment, wo das Wasser zurückgeht, kommt schon wieder der nächste Regen.
Martin Skopal: In welchem Zeitraum amortisiert sich eine von Ihnen konzipierte und errichtete Anlage?
Franz Zotlöterer: Für mich hat sich die Wasserkraft-Anlage längst gerechnet, da in meinem Fall viel mehr daran hängt, als nur die reine Stromproduktion. Um die Investitionskosten über den Betrieb schnellstmöglich zu refinanzieren, wäre es unabdingbar, den Großteil des produzierten Stroms selbst zu verbrauchen. Je höher der Eigenverbrauchsanteil, umso rascher die Amortisierung, da man hier den Einkaufspreis pro kWh gegenrechnen kann. Um die Rechnung möglichst einfach zu machen: gehen wir von aktuell durchschnittlich 20 Cent pro kWh aus, das Kraftwerk liefert zwischen 50 und 60.000 kWh pro Jahr. 5 mal 2 ist 10, also würde die Kostenersparnis bei 10.000€ pro Jahr liegen, abzüglich der Betriebskosten und der Versicherung von 2.000€, Wasserzins haben wir in Österreich nicht, amortisiert sich das Kraftwerk innerhalb von 10 Jahren.
Martin Skopal: Die Anlage hat einen extrem einfachen Aufbau: Wirbel, Turbine, Getriebe und Generator, sonst nichts. Saint-Exupéry hat gesagt: „Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.“ Geht es noch irgendwie einfacher?
Franz Zotlöterer: Wir haben Patentlizenznehmer. Einige davon haben versucht, das Konzept zu verbessern und gleichzeitig auch wieder komplexer zu machen. Das ist alles gescheitert, speziell, wenn man in die Schweiz schaut. Ich stecke sehr viel Energie hinein, um es so einfach wie möglich zu halten. Sieht man als Techniker ein rotierendes Strömungsfeld, in meinem Fall wirklich optisch vor sich, dann ist naheliegend zu sagen: da kann ich irgendwie Energie rausziehen. Die Frage ist: Wie kann ich eine möglichst einfache Turbine einsetzen in den Wirbel, und wie mache ich daraus Strom? Um die Kosten möglichst weit zu reduzieren, habe ich für Getriebe und Generator auf Standardkomponenten zurückgegriffen, um mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, das Rotationsbecken und die Turbine. Aufgrund dieses Konzeptes reicht ein einfaches Schütz als Rechenreinigungsanlage, der Rechen selbst ist relativ grob, da die Anlage durchgängig ist für kleinere Objekte und vor allem Fische. Damit sind die Serviceintervalle entsprechend hoch.
Martin Skopal: Die Anlage benötigt keine Fischaufstiegshilfe, da Fische ungehindert durchschwimmen können?
Franz Zotlöterer: Wir haben uns das im Detail angeschaut und wurden hier von Partnern und unabhängigen Instituten unterstützt. Die Strömungsgeschwindigkeiten im Kraftwerk sind nicht anders als bei einer Fischaufstiegshilfe oder in einer Stromschnelle eines Flusses, auch sind die Turbulenzen im Wasser gering, ebenso die Druckdifferenzen. Das wurde mittels eines Sensorfisches ermittelt, den wir durch die Anlage schwimmen haben lassen. In einem Praxisversuch wanderten 30 Prozent aller Fische, darunter Huchen, Forelle, Aiteln und Äschen, innerhalb von 6 Tagen durch die Anlage.
Martin Skopal: Wer ist der ideale Anwender für das Wirbelkraftwerk? Wie groß oder klein kann es errichtet werden? Gibt hier schon Praxiserfahrungen?
Franz Zotlöterer: Die Technologie ist einsatzfähig für kleinere Fallhöhen von 0,7m bis 2m, dort, wo die anderen Technologien Schwierigkeiten im Einsatz haben. Insofern ist es eine Marktnische für kleinere Fallhöhen auf kleineren Flüssen. Aufgrund der limitierten Fallhöhe ist auch die Leistung kleiner, was aber nicht bedeutet, dass es schlechter funktioniert. Man kann das Kraftwerk ideal zum Beispiel in Kläranlagenausläufen installieren, und damit Betriebsgebäude oder Privathaushalte versorgen. Aus dem Privatbereich habe ich die meisten Anfragen, ebenso von Stadtwerken.
Im ganz kleinen Rahmen sind das Kraftwerke mit einer Leistung von 0,5 kW, die über das Jahr gerechnet etwa 4000 kWh Strom produzieren würden, womit man ein Einfamilienhaus schon gut versorgen könnte, würde man die Anlage mit einem Speicher koppeln, um Spitzen abzufedern. Noch kleiner geht es auch: Wir haben Modelle gebaut, die gerade einmal eine LED-Birne versorgten. Lässt man den ökonomischen Aspekt außer Acht, gibt es nach oben hin keine Grenze, die Effizienz einer Kaplan-Turbine an zentraler Stelle eingesetzt, ist aber ab außerhalb des erwähnten Rahmens erheblich günstiger.
Dazu kommt, dass bei Fallhöhen von maximal zwei Metern die Schwankungen der Durchflussmenge nicht zu groß ausfallen dürfen, maximal 0,5m, das hat man bei kleineren Flüssen, Hochwasser ausgenommen; dann sind ohnehin die meisten Wasserkraftwerke außer Betrieb.
Zusammengefasst: die Bandbreite der Technik reicht sinnvoll von 0,5 kW bis 20 kW Leistung.
Martin Skopal: Wie groß muss ein Bach sein, um 500W Leistung liefern zu können?
Franz Zotlöterer: Dafür benötigt man etwa 100 bis 150 Liter pro Sekunde und eine Fallhöhe von 80cm. Ein Fluss ist bei dieser Wassermenge vielleicht 2m breit und 20cm tief, das Rotationsbecken hätte etwa 3m Durchmesser. Das Kraftwerk würde am Rand errichtet, so dass das Wasser kurz rein und wieder raus fließt und der Bach nirgends trockengelegt werden muss. Ich habe den Anspruch, dass das Gewässer so behandelt wird, wie es die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorschreibt. Nicht, weil ich ein Fan dieser Richtlinie bin, sondern weil ich sehr wohl finde, dass man sich darum kümmern muss, dass die Fische und der aquatische Lebensraum erhalten bleibt.
Wie notwendig es ist, dass dieser Lebensraum bestmöglich geschont wird, zeigt das flächendeckende Fischsterben auf, im letzten Jahr im Erlauftal, Traisental und im Pielachtal. Hier wurden in den letzten 16 Jahren viele Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt, aber aus meiner Perspektive nicht immer im besten Sinn für die Wasserbewohner. So wurde zum Beispiel an der Traisen das Bachbett verbreitert. Was passiert mit dem Wasserstand, wenn man einen Fluss doppelt so breit macht wie vorher? Er sinkt genau um die Hälfte. Ein niedrigerer Wasserstand und eine größere Oberfläche des Gewässers, die aufgrund der schlechteren Uferbeschattung noch dazu besser von der Sonne beschienen wird: das sorgt automatisch für höhere Wassertemperaturen. Die Auswirkungen der hohen Wassertemperatur hat man nun gesehen.
Ein Vorteil des Wirbelkraftwerks wäre, dass Flüsse nicht breiter gemacht werden würden, dass das Wasser bestmöglich mit Sauerstoff versorgt wird, dass die Beschattung da bleibt, und dass damit auch die Fische da bleiben. Das Kraftwerk selbst dient gleichzeitig als Fischfutterproduktion: wir konnten nachweisen, dass im Kraftwerk Bachflohkrebse heranwachsen.
Martin Skopal: Hinten an der Grundstücksgrenze haben Sie ein Kleinwindkraftwerk errichtet, an dem haben Sie ebenfalls einiges selbst konstruiert.
Franz Zotlöterer: Zur Windkraft kann man einiges sagen: Dass es problemlos läuft, steht fest. Der Wartungsaufwand ist gering, der Ertrag an einem geeigneten Standort ist ausreichend gut. Wo die Probleme liegen, dazu kann ich ihnen eine kurze Geschichte erzählen: Ich hatte vor kurzem eine Anfrage zur Akustik einer Windkraftanlage. Der Herr hatte die Vorschreibung bekommen, dass an der Zaungrenze die Lärmentwicklung der Anlage nicht mehr als 28dB betragen darf. Um das kurz zu paraphrasieren: 28dB ist, wenn sie im Hochgebirge auf einer Almhütte in der Nacht aufwachen, es ist windstill und es fliegt gerade kein Flugzeug darüber. Dann können sie mit Glück diese 28dB messen. Aber niemals in bewohntem Gebiet oder mit Bäumen und Sträuchern in der Nähe. Was soll so eine Vorgabe oder so ein Gesetz? Das kann man einfach nicht erfüllen!
Meine Kinder haben überhaupt kein Problem mit der Anlage, und dem damit einhergehenden Hintergrundgeräusch. Die sind damit aufgewachsen, für die ist sie ganz normal. Die fragen eher: Warum haben die anderen das nicht?
Martin Skopal: Um ihr Haus zu versorgen, haben sie aber nicht nur die Windkraftanlage, sondern auch noch eine Photovoltaikanlage am Dach.
Franz Zotlöterer: Wenn ich Wind und Photovoltaik habe, dann habe ich den Ertrag meist zu unterschiedlichen Zeiten. Hier im Pielachtal reißt es im Winter ab der nächsten Ortschaft viel schneller auf, ca. 2–3 km in den Süden, wir hier haben länger Nebel, im Winter dafür relativ viel Wind. Die Windenergie hat bei uns gegenüber der Photovoltaik den Vorteil, dass sie genau dann da ist, wenn man sie braucht: wenn es kalt ist und der Wind das Haus noch extra abkühlt. Dann übernimmt das Windrad die Versorgung unserer Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die ein Vielfaches der Leistung des Windrades als Heizleistung bereitstellt. Das ist die günstigste Form der Wärmepumpe, da das Grundwasser im Herbst mit 12°C heraufkommt. Sie haben das warme Grundwasser vom Sommer im Winter und im Sommer das kalte Grundwasser vom Winter. Gegen Frühjahr hin sinkt die Wassertemperatur auf 8°C ab. Dabei haben wir, als wir das Haus gebaut haben, noch auf einen Vollwärmeschutz verzichtet und auf Masse gesetzt: die Nordwand hat 50cm, die anderen Wände 38cm Stärke.
Martin Skopal: Sie setzen Wasser, Wind und Sonnenenergie ein, um Strom zu erzeugen. Alle drei sind dezentrale Technologien, die autark, lokal oder regional eingesetzt werden können. Geschichtlich gesehen kommen wir aus einer dezentralisierten Welt, die Industrialisierung hat die Zentralisierung bis in die 1980er Jahre auf einen Höhepunkt gebracht, seither entwickeln sich wieder dezentrale Technologien, in den letzten 20 Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit.
Franz Zotlöterer: Ich denke, dieser Umweg war notwendig. Der industrielle Schub war notwendig, um den Standard auf das heutige Niveau zu heben, und um all diese Technologien entwickeln zu können.
Ob der dezentrale Energieweg, den ich sehr stark präferiere, wirklich der goldene Weg ist, wird sich erst herausstellen. Es ist eine Idee unter vielen, ob es wirklich die richtige Idee ist, und die, die sich durchsetzen wird und langlebig ist. Das Zentrale hat aber auch seine Berechtigung.
Martin Skopal: Ich habe das Gefühl, wir könnten noch bis in den Nachmittag hinein diskutieren, Herr Zotlöterer. Danke für das ausführliche Gespräch!
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