DNP13: Innere Sicherheit in Europa

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Auf den ersten Blick glaubt man, das Innere Sicherheit ein sprödes Thema ist, eines, das man sich ungern annehmen möchte, und eines, über das man am besten nicht zu viel erfahren möchte. Zu sehr und zu schnell könnte man sich da an etwas reiben, das dem Geheimdienstskandal entspricht, der uns schon seit geraumer Zeit verfolgt – und noch ein Weilchen verfolgen wird. Am Kongress Daten’Netz’Politik 2013 hat Alexander Sander ausführlich zu dem Thema gesprochen.

Die Europäische Union und Innere Sicherheit: welche Organisationen und Verträge können Sie da nennen? Schengen, Europol, … Frontex, und … … …? Ging mir genau so.

Innere Sicherheit, das sind alle Mittel, die von Staats wegen zum Schutz der verfassungsrechtlichen Ordnung getroffen werden, und die gestützt werden durch ein dafür geschaffenes System staatlicher Institutionen. Es ist, deutlichsten im Ministerium für Inneres sichtbar gemacht, ein zentraler Bestandteil nationaler Politik. Die Exekutive ist das ausführende Organ im Staatsgefüge, um die innere Sicherheit aufrecht zu erhalten.

Aber welche Mittel und Wege werden eingesetzt in der EU? Alexander Sander hat sie zusammengefasst.

Mutter aller Organisationen ist die Interpol, die laut Wikipedia 1923 in Wien gegründet wurde und derzeit 190 Mitgliedsstaaten umfasst. Das Bezeichnendste am reibungslosen Funktionieren dieses Apparats ist, dass niemand genau weiß, wie dieser funktioniert. Zwar hat jedes Mitgliedsland innerhalb der Generalversammlung eine Stimme, und Entschließungen erfolgen nach demokratischen Prinzipien, aber eine unabhängige Kontrollinstanz ist nicht vorgesehen, auch nicht eine parlamentarische Kontrolle. Damit wurde eine Blaupause für das Funktionieren von internationalen Organisationen außerhalb des durch Wahlen demokratisch legitimierten Rahmens geschaffen – gemeinsam mit der TREVI-Gruppe, die die grundlegenden innereuropäischen Verhandlungen zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen vorbereitete.

Das Besondere der TREVI-Gruppe war ihre Struktur als Arbeitsgruppe auf Ministerebene, deren Inhalte von BeamtInnen vorbereitet wurden.
Diese Organisationsform war und ist ein maßgebliches Vorbild für die heutige Arbeitsweise, eine intergouvernmentale Arbeitsgruppe, die unabhängig aller Kontrollmöglichkeiten angesiedelt ist.

Was danach folgte, war eine Vielzahl von Abkommen, wie Schengen, Maastricht, Amsterdam und Tampere
Die große Zäsur erfolgte nach den Terroranschlägen in New York am 11.9.2001 und später jene von Madrid 2004 und London 2005. Viele Gesetze, die nichts mehr mit Terrorismusbekämpfung zu tun hatten, aber in den Themenkreis Innere Sicherheit gehörten, wurden in der Gunst der Stunde durchgepeitscht. Zentrales Element war nach Alexander Sander die Einführung des europäischen Haftbefehls.
So bringt der Vertrag von Nizza zwar die Annahme der Grundrechte-Charta, das Haager Programm aber die Beschließung der Vorratsdatenspeicherung und der Grenz-Agentur Frontex, und der außerhalb der EU beschlossene, zwischenstaatliche Prümer Vertrag den Beschluss, dass die Exekutiven der einzelnen Staaten ungehindert auf DNA-Datenbanken der anderen Unterzeichnerstaaten zugreifen können. So erhalten Länder zum Teil Zugriff auf Daten, die ihnen das Recht im eigenen Land untersagen würde. Österreich hat hier eine Menge an Daten gespeichert, die sogar dem Verwaltungsgerichtshof zu viel war.
Der Vertrag von Lissabon, das derzeit gültige Regelwerk der Europäische Union, beinhaltet zwar nicht die Charta der Grundrechte als Teil des Vertrags, aber stärkt die Rolle des Europäischen Parlaments deutlich. Die neue Entscheidungskompetenz wird zum ersten Mal deutlich in der Diskussion um ACTA.

Wie es innerhalb der EU mit diesem gewichtigen Thema weitergehen soll, war die ebenso gewichtige Abschlussfrage von Alexander Sander. Er sieht eine Ausdehnung der Vorratsdatenspeicherung auf uns zu kommen, ebenso wie eine Ausweitung kriminal-präventiver Maßnahmen. Deutschland steht hier stark dahinter. Eine europäische Fan-Datenbank soll aufgebaut werden, die dann unter bestimmten Bedingungen bei Großveranstaltungen ihr Land nicht mehr verlassen dürfen. Das sehr Deutschland-spezifische Problem stellt sich wiederum in vielen anderen Staaten nicht. Eine Koalition der Willigen vorausgesetzt, wäre eine außereuropäische Lösung ähnlich des Vertrags von Prüm möglich. Wie man das legitimieren möchte, fragt sich nicht nur Alexander Sander. Der eingeschlagene informelle Weg beraubt den Parlamenten ihre Kontrollfunktion und ihr Mitspracherecht. Hier werden viel zu schnell Fakten geschaffen, nicht nur vom Rat, sondern auch von der Kommission, die auch monetäre Druckmittel gegenüber dem Parlament einsetzt, um es vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Um Probleme zu vermeiden, wie sie gerade mit der USA und ihren Geheimdiensten bestehen, müsste im Betrieb der Internet-Infrastruktur mehr darauf geachtet werden, dass nur die Datenpakete Europa verlassen, die tatsächlich auch Europa verlassen sollen, und den innereuropäischen Datenverkehr auch innereuropäisch zu routen, und amerikanische Internetknoten hier außen vor zu lassen.

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