Im Netz bin ich ein alter Hase. Trau’ ich mir ohne viel Federlesens zu sagen. Alter Hase. Naja, so alt auch wieder nicht. 1996. Aktuell war da Netscape Navigator 2.0.2. Internet Explorer 3 war gerade erst mit Windows 95 unter die Bettdecke geschlüpft. Der (erste) Browser-Krieg ging erst ein Jahr später los. Das Netz alias ARPANET gibt es seit 1969. Ich war da nur in Form meiner Eizelle präsent: ich hab’ noch eine Zahlendrehung abgewartet.
1996. Das Netz war der wahrgewordene Traum der großen Freiheit. Die Nutzerzahlen waren gerade noch zu klein, um wirtschaftlich relevant zu sein. In Österreich war BTX zwar noch am Laufen – aber viel gab es da nie zu sehen. Ich träumte von einem magnet-Zugang, dann bin ich an die WU gegangen; nur wegen des Internet Zugangs, den hat die WU als erste Universität in Wien allen Neuinskripenten sofort zur Verfügung gestellt. Studiert habe ich was anderes, Publizistik und Philosophie. IRC war neu, also in, und wir saßen in den Computersälen verstreut und haben nicht geredet, sondern endlich ordentlich tippen gelernt. #Austria. Ich hatte das Gefühl, das war unser Ding, das Netz; Keiner kann uns das wegnehmen.
Das Urheberrecht haben wir in Vorlesungen gelernt und uns manchmal daran gehalten: man kannte sich ja; oder auch nicht: man konnte ja nicht alle kennen. Konsequenzen hat es nicht wirklich gegeben; es war nicht gerade leicht, irgendetwas zu finden.
In den letzten 15 Jahren hat sich das Netz grundlegend gewandelt: Vom Avant Garde-Medium zum gesellschaftlich mehrheitsfähigen (drei Viertel der Bevölkerung) Informations-, Unterhaltungs- und Beziehungsgiganten. Wer nicht dabei ist, wird im (N)onliner-Atlas für Deutschland regelmäßig erhoben. (Die Statistk Austria kann das auch, aber nicht so nett.) Von überwiegend nicht-kommerziellen Angeboten zur flächendeckenden, scheinbar strukturintegrierten Kommerzialisierung der Inhalte. Von einem Bild des Benutzers auf Augenhöhe hin zu einer Idee als vorverurteilter Verbrecher, den man sicherheitshalber überwachen lässt, damit dieser nicht etwas anstellt, was dem Gesetz nicht entspricht. Von einem System des Vertrauens zu einem System des Misstrauens, obwohl ersteres auf technischer Ebene teils immer noch existiert.
Dabei kommt jenen Überwachern zugute, dass das Digitale stets transparent ist, so man nicht die Möglichkeit der Ungenauigkeit, des Opaken im System von Beginn weg integriert. Das nachträgliche Schaffen solcher Gelegenheiten hat konsequenterweise zur Folge, dass sie nie ausreichend sein kann.
Welche Folgen das hat? Vorratsdatenspeicherung und ACTA und Netzneutralität sind Problemfelder, die sich erst in den letzten Jahren entwickelt haben; In der Auseinandersetzung des Kommerziellen mit grundlegenden Menschen- und Bürgerrechten und im Mißverständnis der gesellschaftlichen Tragweite der Entwicklung des (Meta)Mediums Internet. Dieses Mißverständnis kann erst aufgelöst werden, wenn man bereit ist, die durch das Medium geschaffenen geänderten kommunikativen Bedingungen vollends zu akzeptieren und in einem entsprechenden Rahmen zu interpretieren. Dieser Rahmen muss erst geschaffen werden.
Dafür ist erheblicher Diskussionsbedarf notwendig. Und diskutieren kann man dort am besten, wo die Leut’ z’ammenkommen. Die DNP’12 kommendes Wochenende bietet die Möglichkeit, etwas mitzudiskutieren, an der Schnittstelle zwischen Politik und BürgerInnen. Ich werde auch da sein.
PS: Lange hat es gedauert, viele Anläufe hat es gebraucht, und nach fast zwei Jahren gibt es doch wieder ein Update – und gleichzeitig den 1000 Post auf diesem Weblog. Dazu muss ich gestehen, dass ich seit einiger Zeit “fremdblogge” auf energieleben.at – und das noch dazu hier nicht einmal kundtue.
Comments 1
Tatsächlich, ein neues Blogpost! 🙂